Heiraten im Shintoschrein
Da wir uns gerade nach einem Schrein fuer unsere Heirat naechstes Jahr umsehen, haben wir uns vor Kurzem ein paar Infomaterialien dazu besorgt und eine davon moechte ich hier einmal uebersetzen. Es handelt sich um ein Werbeblatt eines Schreins in unserer Naehe:
Heiraten nach Shinto-Brauch
In letzter Zeit drehen sich Heiraten vor allem um den schoenen aeusseren Schein und Glanz und Pomp, aber ich finde, dass die Heirat den Start eines neuen Lebens der beiden frisch Vermaehlten und deshalb ein auesserst wichtiges Ereignis markiert. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Heiratsfeier diese Bedeutung auch ausdrueckt und [die Menschen] sich von ganzem Herzen darauf einlassen. Ich moechte Ihnen nun eine Sichtweise der Japaner zur Heirat vorstellen.
Japan hat eine reichhaltige und natuerliche Landschaft und die Japaner, die diesen Segen seit jeher empfangen, spueren in den Veraenderungen und Mechanismen der Natur Seelen mit einem eigenem Geist und nennen diese „Kami“. Ausserdem haben sie das Erscheinen der Seelen der Vorfahren und der Herzen als „Kami“ erkannt. Aus diesem Grund gibt es sehr, sehr viele Kami und in diesem Sinne spricht man auch von den acht Millionen Kami Japans. Unter diesen acht Millionen Kami gibt es natuerlich auch solche, die Ehepaare leiten und beschuetzen.
Dies sind Izanagi und Izanami. Im Nihongi und Nihonshoki steht geschrieben, wie diese beiden Kami erst Japan und dann viele, viele Kami Japans gebaren. Wenn man sich die Namen dieser beiden Kami des Landes anschaut, entdeckt man in ihnen eine spezielle Bewandnis.
Die Bedeutung von „Izanau“ [von Izanagi] ist „einladen“ und „heranziehen“ sowie „begleiten“ und diese Worte druecken den Sinn und die Vorgaenge einer Ehe aus. Bei einer Heirat im shintoistischen Schrein unterrichtet man die Kami ueber die Heirat und die Eheleute schwoeren sich ein unwandelbares Herz [=ewige Treue]. Man nimmt sich die Kami [und Eheleute] Izanagi und Izanami als Vorbild und bittet um eine erfuellte Ehe.
Die beiden Eheleute sind in voellig verschiedenen Familien aufgewachsen und haben voellig verschiedene Vorstellungen von der Welt. Wenn sie vor der Heirat nur gute Zeiten erlebt haben, ist das zwar schoen, aber nach der Heirat werden sie in guten wie in schlechten Zeiten sich mit dem Partner auseinandersetzen muessen. Es kann auch vorkommen, dass man des geliebten Partners fuer eine Weile ueberdruessig wird. Auch aufgrund der verschiedenen Angewohnheiten [der beiden Partner] wird es sicher Konflikte geben. Darauf sollten Sie vorbereitet sein. [Die beiden Partner] werden diese Konflikte ueberwinden, sich um gegenseitiges Verstaendnis bemuehen und nicht etwa eine neue Familie des Ehemannes oder der Ehefrau sonden eine neue Familie der beiden Partner gruenden. (Schoen ist natuerlich, wenn sie die guten Braeuche der beiden Familien uebernehmen und eigene, neue Familienbraeuche erschaffen.) Und vielleicht werden die beiden Eheleute auch bald ein Kind zeugen und der goettliche Geist wird sich nicht nur auf die beiden Partner sondern auf die ganze Familie erstrecken. Bitte nehmen Sie sich dies bei der Hochzeitsfeier zu Herzen.
Anmerkungen zur Uebersetzung:
1) Wie immer ist Text in eckigen Klammern […] vom Uebersetzer zum besseren Verstaendnis eingefuegt.
2) Kami kann man z.B. bei Wikipedia nachschlagen. Man koennte den Begriff z.B. als „Naturgottheiten“ uebersetzen, wuerde damit aber nur einen Teil seines Bedeutungshorizontes erfassen. Aus diesem Grund habe ich es bei Kami belassen und bitte alle, die mehr wissen wollen, selbst nachzulesen. Im selben Wikipedia-Artikel gibt es auch Links zu Izanagi und Izanami, den beiden mythischen Ur-Goettern Japans.
Das Kojiki und das Nihonshoki gelten als aelteste Schriftstuecke der japanischen Geschichte. Sie werden fuer gewoehnlich auf 712 und 720 n.Chr. datiert. (mehr)
Wort des Tages: 結婚式 - kekkonshiki – (verbinden – Ehe – Feier, Zeremonie) Hochzeitsfeier
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