Archive for März 2012
Ausflug nach Tokushima, Teil 1: Mima-shi
Diese Woche war ich mit meiner Frau bis gestern bei meinen Schwiegereltern in Tokushima und einen Tag in der nahegelegenen Stadt Mima. Meine Frau ist noch in Tokushima, weil es ihr nicht so gut geht (keine Sorge nur eine Erkaeltung), ich bin schon zurueck, weil ich ein paar Besorgungen zu erledigen habe. Der heutige Post wird sehr lang und ich hatte ueberlegt ihn in drei oder mehr Teile aufzuteilen, die Idee aber dann wieder verworfen, weil es den Zusammenhang auseinanderreisst. Zwei Teile werden es aber dann doch werden: Der heutige Teil beinhaltet Bilder aus Mima und der zweite Teil Bilder aus Tokushima.
Aber bevor ich zum eigentlichen Punkt komme, moechte ich noch kurz meine Erlebnisse von meiner Rueckreise gestern schildern. Also: Damals, im Ferienlager … j/k
Ich bin also gestern allein nach Tokyo zurueckgeflogen und merkte dann beim Aussteigen in Haneda, dass mein Portmonnaie nicht da war, wo es sein sollte. Auch nach hektischer Suche in allen Taschen und um meinen Sitz herum, konnte ich es nicht finden. Ein kurzer Anruf bei Schwiegermutter bestaetigte meinen Verdacht, dass ich es in ihrem Auto (ein VW Golf uebrigens, hehe) verloren hatte. Immerhin etwas. Das bedeutete dann aber, dass ich in Tokyo ohne Ausweispapiere und Geld am Flughafen Haneda festsaß. Jep, ziemlicher Mist. Ich bin dann zur Koban (=Polizeitstation) am Flughafen gestiefelt und habe dort um Hilfe gebeten. Da es scheinbar häufiger vorkommt, dass Leute das Geld zum nach Hause fahren vergessen, gibt es sogar ein System für solche Fälle. Nach ein paar Anrufen und Erklärungen und ein paar ausgefüllten Formularen (wir sind in Japan, schon vergessen?) hatte ich dann 1030 Yen in der Hand und konnte nach Hause fahren. Yippie! Der dienstälteste Polizist bestand dann noch darauf, dass ich 200 Yen seines privaten Geldes nehme, was ich wirklich nicht wollte. Aber er war sehr bestimmt dabei, so dass ich mir auf dem Weg noch einen Twix kaufen konnte (gibt es seit ein paar Wochen an Bahnhofskiosks zu kaufen). Es war mittlerweile 15 Uhr und ich hatte kein Mittagessen. Deshalb: Danke, lieber Polizist! Ich habe mich natürlich ausführlichst bedankt!
So, Zeit für den eigentlichen Artikel und viele, viele Fotos:
Menschen
Aufgenommen an Wochentagen, deshalb viele alte Menschen und Schüler. Erwachsene arbeiten.
Nickerchen 🙂
Der creepy Gaijin macht Fotos von Schulmädchen und ihren Röcken! Aber ich kann mich mit „es ist für die Wissenschaft!“ herausreden 🙂 Der Punkt hier ist, dass die Röcke in Tokushima im Durchschnitt gute 40 Zentimeter länger sind als in Tokyo. Wer in Tokushima Knie zeigt, gilt schon als verwegen. In Tokyo interessiert das wirklich niemanden und die Mädels haben so kurze Röcke, dass sie beim Treppensteigen oft ihre Hände benutzen um sicherzustellen, dass es keine ungewollten Blicke auf ihre Unterwäsche gibt. 🙂
Und hier ein paar Fotos von unserem Zug bzw. der Landschaft vor den Zugfenstern
Wer schon einmal in Tokyo war, wird auf diesem Bild eine Menge Unterschiede bemerken. (Z.B. gibt es keine automatischen Ticketschalter.)
Und hier ein paar Schnappschüsse aus Mima selbst
Diese Blüte erzeugt einen Ton, wenn man durch sie hindurchbläst.
Ein Rathaus auf dem Lande. Mein Rathaus in Kusatsu sah ziemlich exakt genau so aus.
Diese nette Oma war leider schon ein wenig Dement, aber sehr freundlich. Sie wollte uns zu einem leckeren und billigen Soba-Laden mitschleifen, aber wir hatten da schon gegessen. Sie war ausserdem Souka-Gakkai Anhängerin, hehe.
Japan ist eines der reichsten Länder der Erde. Auf dem Land rostet aber trotzdem vieles vor sich hin.
Der Getränkekistenzaun gehört zu einem Sakehändler.
Solche pittoresken Flussbetten sieht man in Japan relativ oft.
Seilhüpfen. 🙂
Wilde Müllhalden sieht man in Japan leider ebenfalls ziemlich oft.
In Südjapan findet man zu jeder Jahreszeit Zitrusfrüchte. Das hier dürften Dekopon (デコポン) sein. Vielleicht hat ja einer Lust, die deutsche Übersetzung nachzuschlagen?
Nein, das war kein Tsunami, sondern einfach nur Zerfall.
Oh, wie süß! Und dann heißt die Gute auch noch Sakura! Aber ich wette, wenn ich mich genähert hätte, hätte sie mich gebissen. Ich mag übrigens Hunde nicht.
Holzverarbeitung.
Der alte Mann hier war einfach genial. Wäsche aufhängen, angeln, den Golf-abschlag üben … der Mann weiß, wie man abhängt! Das in der Mitte ist übrigens sein Auto.
Nicht einmal im tiefsten Inaka (= auf dem Lande) ist man vor AKB48 sicher.
Und so sieht meine Frau aus. Ahem, ich meinte natürlich ein nationales Kulturgut.
Und hier noch einmal von innen.
Lecker Mandarinensaft, Schokoeis und Kuchen aus Sobamehl. (Im wahrscheinlich einzigen Cafe in Mima-shi gegessen.)
Unser Hotel. Es gab nur zwei Hotels im ganzen Ort. Hehe. Meine Frau bemerkte sehr treffend, dass das Hotel sehr „bubbly“ aussah. Damit meinte sie, dass es wahrscheinlich in der Zeit vor dem Platzen der Blase in Japan gebaut wurde, als Japan wirtschaftlich auf dem Zenit seiner Macht stand und viel Geld in völlig nutzlose und überdimensionierte Bauprojekte floß. Die meisten dieser Projekte entstanden in den 70er/80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dieses spezielle Hotel war ursprünglich eine Bildungseinrichtung der japanischen Regierung, wurde dann aufgegeben und verfiel vor sich hin, bis es vor sechs Jahren von einem reichen Menschen aus Osaka aufgekauft wurde und jetzt ist es ein etwas heruntergekommenes Hotel.
Wie jedes auch nur halbwegs anständige Hotel in Japan hatte auch dieses Hotel ein öffentliches Bad.
Das Frauenbad am Morgen.
Das Männerbad am Abend. (Und ja, das sind meine Füße!)
Das linke Bild war leider nicht besser hinzubekommen. Mir ist nur glaube ich zum ersten Mal aufgefallen, dass hier tatsächlich die Nummer „4“ ausgespart wurde. Also Raum 303 und dann Raum 305. Wie ihr aus jedem billigen Japanreiseführer wisst, gilt die „4“ in Japan als Unglück verheißend, da sie die gleiche Lesung haben kann wie „Tod“.
Auf dem rechten Bild seht ihr ein traditionelles japanisches Frühstück inklusive Miso-Suppe, Natto und Tofu. Da ich Natto und Tofu nicht ausstehen kann, war ich ziemlich hungrig nach dem Frühstück. 🙂
Und das war der eigentliche Anlaß für unseren kleinen Ausflug: Udatsu no Machinami (うだつの町並み), was in etwa „Udatsu Innenstadt“ bedeutet.
Als „Udatsu“ bezeichnet man die gemauertenVorsprünge, wie der auf dem rechten Vorbild. Sie wurden von wohlhabenden Bürgern in der Edo-Zeit an die Seiten ihrer Häuser angebracht um das Übergreifen von Feuern auf das eigene Haus zu verhindern.
In der Udatsu Innenstadt werden diese Vorspünge heute als Touristenattraktion instand gehalten.
In Japan gibt es auch heute noch die Redensart „Udatsu ga agaru“, was wörtlich „die Udatsu werden gebaut (eigtl. wachsen nach oben)“ bedeutet. Die Bedeutung der Redensart in Deutschland würde ich mit „reich werden“ übersetzen. Man soll also die Seife kaufen um reich zu werden. 🙂
Der Name dieser merkwürdigen Blumen ist mir leider schon wieder entfallen.
Bambus wird oft als Blumenvase benutzt.
Der Frühling ist da!
Wort des Tages: おびただしい – obitadashii – gewaltig viel (wird benutzt, wenn etwas unüberschaubar viel ist, wie z.B. ein Vogelschwarm oder die Anzahl an Fotos in diesem Artikel)
Tama-Zoo #2
Ich hatte damals bei Kulando schon einen Artikel über einen Besuch im Tama-Zoo (多摩動物園, Tama-Doubutsuen) geschrieben, aber da ich vor kurzem wieder da war, gibt es heute noch einen!
Anlaß war übrigens der alljährliche Ausflug meiner Juku (siehe voriger Artikel) zur Feier der Einschulung (Mittel- und Oberschule bzw. Universität) der Schüler. Viele Schüler verlassen natürlich unsere Juku, wenn sie den Eintritt in die nächsthöhere Schule geschafft haben. Danach sind wir dann noch lecker Shabu-Shabu Essen gegangen.
Aber es wird Zeit für Fotos!
Die Koban (= Polizeistation) vor dem Park
Rechts steht: „Tama-Zoo“
Tiere!
Auf dem letzten Bild rechts sieht man den Safari-Bus mit dem man durch das Löwengehege fahren kann.
Such den Gaijin!
Japaner spannen auch bei drei Tropfen Nieselregen gerne einen Regenschirm auf. Einige wissen übrigens, dass das im Ausland anders ist.
Gruppenfoto am Bahnhof; Oberschülerinnen mit obligatorischem Peace/V-Zeichen.
Laut Wikipedia stammt diese Unsitte übrigens möglicherweise von Janet Lynn, die bei der Winterolympiade in Sapporo 1972 stürzte, aber dann lächelnd weitermachte als sei nichts gewesen. Dieses Ausharren hat sie dann bei den Japanern zum Star gemacht. Sie war ausserdem Friedensaktivistin (Vietnamkrieg!) und deshalb gab es viele Fotos mit der Pose von ihr, was das Peace-Zeichen in Japan populär machte. Falls die Story stimmt, dann ist sie ein schönes Beispiel für Formen-aus-dem-Westen-übernehmen-aber-nicht-die-Substanz.
Gruppenfoto mit ein paar Schülern und Lehrern. Na, wer errät, wieviele Lehrer und wieviele Schüler es sind?
Hier habe ich einen meiner Schüler dazu überredet, auf diesen gigantischen Grashüpfer zu steigen.
Ahahaha, mein teuflischer Plan japanische Kinder zu manipulieren um dann die Weltherrschaft an mich zu reißen, ist ein voller Erfolg!
Ein paar Kollegen und lecker Shabu Shabu.
Wort des Tages: 世界征服 – sekaiseihuku – Weltherrschaft
Piraten!
Normalerweise schreibe ich hier alle zwei Tage einen Artikel, aber heute Morgen bin ich beim Zeitung lesen ueber dieses wunderbare Bild gestolpert:
Es stammt aus einem Artikel bei Zeit Online zum Thema Landtagswahl im Saarland und dem Erfolg der Piratenpartei dort. Die vier Personen auf dem Bild sind die Landtagsabgeordneten der Partei dort.
Was ich daran so faszinierend finde, ist die absolute Unvorstellbarkeit dieses Fotos in Japan.
Und so sehen Politiker in Japan aus. Immer.
Und so sehen Piraten in Japan aus.
Politiker in Japan sind zu 90% maennlich (im Parlament gibt es genau 11.3% Frauen) und tragen IMMER einen Anzug mit Krawatte bzw. bei den Frauen Geschaeftsanzug.
Die Vorstellung einer Piratenpartei an sich, junger Politiker (= unter 50) und Politikern in CASUAL Dresscode … das ist soweit weg von der Realitaet in Japan, dass es schon witzig ist.
In Japan gilt eben immer noch: Nur „anstaendige“, „serioese“, alte, reiche Maenner koennen Politiker werden …
Ich werde heute Abend diesen Artikel mal meiner Schwiegermutter zeigen, bin gespannt auf ihre Reaktion.
Wort des Tages: 海賊 – kaizoku – Pirat(en)
Die Top-5% Einkommensentwicklung in Japan, Deutschland und den USA 1945 – 2010 (1998)
Vor einer Weile bin ich auf „The World Top Incomes Database“ der Paris School of Economics gestoßen. Man kann auf der Seite etwa 25 Länder auswählen, sowie verschiedene Zeitrahmen und Einkommensgruppen (Top 10% bis 0.01%). Ich habe einfach mal Japan, Deutschland und die USA seit 1945 ausgewählt. Die Top 5% habe ich gewählt, da es keine Daten für die Top 10% in Japan gab. Leider sind in allen Gruppen die neuesten Daten für Einkommen ohne Kapitalgewinne in Deutschland von 1998.
Trotzdem interessant. Speziell der Anstieg der Einkommen der Top5% in Amerika seit etwa 1985 oder auch der zweiten Amtszeit von Ronald Reagon als US-Präsident.
Und in langfristiger geschichtlicher Perspektive, seit 1886 bzw. 191x:
Man könnte hier argumentieren, dass sich die Reichen einfach nur ihren „rechtmäßigen“ Anteil wieder zurückholen. Oder aber man argumentiert, dass wir auf dem Weg zurück in die schlechte alte (Vorkriegs-)zeit sind.
Wort des Tages: 統計 – toukei – Statistik
Frühlingsspaziergang
Es ist mal wieder Zeit für einen Fotoartikel. Dieses Mal gibt es ein paar gemischte Motive und dann eine lange Strecke von Ansichten aus unserer direkten Nachbarschaft.
Werbung für elektrische Wörterbücher. Das linke Plakat wirbt damit besonders gut für „Oberschüler mit guten Englischkenntnissen“ zu sein. Was mir ein wenig aufstößt ist, dass das ganze Menü in Japanisch ist …. (kann man sicher umstellen). Das zweite Plakat fand ich einfach nur sehr typisch: Junges Mädchen in Schuluniform vor Kirschblüten. Lang lebe das Klischee.
Und damit wir auch ja nicht vergessen das Frühling ist (was dieses Jahr zugegebenermaßen leicht passieren kann): Nochmal Kirschblüten und eine Gratulation zur Einschulung, die traditionell im März/April stattfindet.
Bemerkenswert auch, dass alle abgebildeten Personen weiblich sind.
Und wo wir schon bei meinem Lieblingsthema Gender sind: Rosa für Mädchen und blau für Jungs! (Das Mädchen war übrigens sehr zutraulich und niedlich.)
Na, worum geht es hier? Ja, genau: Achselhaarentfernung für Männer! „Echte Männer sprechen nicht darüber, auch wenn sie es bemerken.“ Ahem. Rechts unten steht übrigens, dass man sich auch die Haare unterhalb des Knies entfernen lassen kann, was in gewissem Sinne durchaus nachvollziehbar ist, da viele Japaner dort sehr haarig sind.
„In dieser Firma machen wir keine (Vermittlungs-)Geschäfte mit anti-sozialen (Einfluss)gruppen.“ – Was damit gemeint ist: Wir weigern uns den Yakuza Räume/Briefkastenfirmen zur Verfügung zu stellen.
Gesehen in einem Immobilienbüro in Tokyo. Wenn man in Japan die Augen offen hält, vergisst man nicht so schnell, das man im Land der Yakuza lebt.
Kaugummiwerbung. Ich finde einfach, dass das Zeug auf ihrem Kopf nach Penis aussieht.
Prohibition! Und alles andere in Japanisch. *lol* Es geht darum, dass man keine gefährlichen Gegenstände mit in den Zug nehmen soll.
So, unser kleiner Spaziergang heute. Wir waren gestern den ganzen Tag unterwegs und am Abend noch auf einer kleinen Abschiedsfeier von meiner ehemaligen Arbeitsstelle, weshalb wir unsere Fahrräder davor parkten. Und dann regnete es gestern natürlich den ganzen Tag und auch die Nacht hindurch. Also sind wir gestern mit dem Bus nach Hause und heute nach Tsutsujigaoka gefahren und haben unsere Fahrräder abgeholt. Auf dem Weg dahin haben wir die Chance genutzt und ein paar Fotos gemacht.
Häschen vor dem Haus.
„Bitte nehmen Sie Ihre Hundekacke mit.“ – Allgegenwärtig in Japan, so auch bei unseren Nachbarn. Ich habe noch nie einen Japaner gesehen, der seinen Hund einfach so sein Geschäft verrichten lassen hat. Für mich ein ganz, ganz wichtiger Grund in Japan keinen Hund zu haben.
Unsere kleine Straße. Und ja, wir leben tatsächlich in Tokyo. 🙂
Idyllisch, hm?
Japanischer geht es nicht.
Alle Japaner sind Hobby-Entomologen, so auch meine Frau. Hier erklärte sie mir, dass diese Spuren von einem Krabbelvieh stammen, das gerne Moos frisst.
Jetzt wisst ihr auch, woher Herr Murakami seine Inspirationen nimmt.
Frühling? Naja, so langsam wird es wärmer.
Pflaumenzweige für einen Euro.
Und das ist eine dieser wunderbaren Direktverkaufsstellen, wo man Gemüse aus der Umgebung kaufen kann. Ob das in Tokyo besonders gesund ist, kann ich nicht sagen, aber im Sommer kann man hier vorzügliche Gurken und Tomaten kaufen. Die Besitzer sind übrigens stinkreiche Pensionäre, die den Kram aus Spaß betreiben. Sie haben mir ihr Haus übrigens mal von innen gezeigt und waren sichtlich Stolz auf ihr deutsches Dach und Zaun.
Und da steckt man das Geld für’s Gemüse rein. Toll finde ich auch, dass niemand überprüft, ob man auch wirklich bezahlt. Die Basis ist Vertrauen. Das ist ausserdem praktisch, da man im Zweifelsfall einfach einen oder zwei Tage später wiederkommen kann, wenn man etwas braucht, aber gerade kein Geld dabei hat. 🙂
Pflaumenblüte Ende März. Normal ist Ende Februar.
Das „Pato-Car“ (von „Patrol-Car“) unseres Dorfpolizisten. (Noch einmal: Wir leben wirklich in Tokyo.) Rechts die Polizeistation von innen. Unser guter Büttel ist meist irgendwo anders. 🙂
Ich mag diesen Busch einfach. Wird ständig zurechtgeschnitten, aber jedes Mal aufs Neue streckt er seine Äste gen Himmel. Ganbare!
Einer unserer örtlichen Kombinis. Die haben leckere „Yes“-artige Schokoladenkuchen.
Idylle #2
Das Zettelchen in der Mitte soll Unheil und Dämonen abschrecken. Sieht man hier in der Gegend recht oft, da es hier einen berühmten Tempel gibt.
„Fuki no tou“ oder auch Petasites japonicus ist ein Symbol für den Frühling.
Leere Getränkekisten.
Hier sind wir in der Nähe meiner alten Arbeitsstelle. Sieht schon viel mehr nach Stadt aus, oder?
Und noch ein Kombini. Lawson 100 ist übrigens ein „organischer“ Komibini. Was auch immer das bedeuten mag.
25 Meter vor meiner alten Arbeitsstelle. Prostitution ist in Japan offiziell verboten, wenn sie Geschlechtsverkehr beinhaltet. Alles andere ist aber erlaubt. Und wer will nachprüfen, was wirklich in geschlossenen Zimmern passiert…? Die beiden Mädels sehen für mich übrigens nach importierten Philippinerinnen aus.
25 Meter neben dem Etablissement aus dem letzten Foto.
Hier habe ich mehr als zwei Jahre nebenher gejobbt und Englisch unterrichtet. Es ist eine „Juku“ (in etwa: „Nachhilfeschule“) und die Kinder sind meist zwischen 10 und 15 Jahre alt. Für ältere Kinder gibt es ein anderes Gebäude. Der Studenlohn (1200 Yen bzw. etwa 12 Euro) ist mit Abstand der niedrigste für den ich je in Japan gearbeitet habe, aber dafür ist es ziemlich nah zu meiner Wohnung (keine lange Anfahrt) und die Arbeit war fast immer interessant und abwechslungsreich. Ausserdem mag ich Kinder einfach. 🙂
Und hier ist mein vor kurzem neu gekauftes Fahhrrad, das wir heute retten gehen mussten, da in Tokyo unberechtigt abgestellte Fahrräder meist innerhalb von ein bis zwei Tagen abgeschleppt werden. 🙂
Falls euch die kleine Fotostrecke gefallen hat, huldigt dem Fahrrad!
Wort des Tages: 自転車 – jitensha (selbst-drehen-rad = Fahrrad)
P.S.
かぜゆるみ
タバコいっぷく
おじいさん
🙂
Takarazuka
Wir waren vor ein paar Wochen endlich einmal beim Takarazuka (宝塚, Schatz-Huegel). Takarazuka, das ist wie einige Leser vielleicht schon wissen Theater bzw. Revue in dem alle Rollen von Frauen gespielt werden – auch die Maennlichen. Es gibt zwei Hauptbuehnen fuer Takarazuka, eine in Tokyo und eine in Osaka. Diese Hauptbuehnen lassen sich vom Aufbau her am ehesten mit einem Opernhaus vergleichen. Die Fans sind zu 95% weiblich und einige pilgern mit fast religioeser Hingabe zu den Vorstellungen.
Und so sieht es von aussen aus.
Und von innen. (Waehrend der Show waren keine Photos erlaubt.)
Und weil wir in Japan sind, gibt es bei Takarazuka auch eine genau austarierte Hierarchie und natuerlich die unvermeidlichen Subgruppierungen. Es gibt die Mond/Stern/Blume/Schnee/Himmel-Gruppen mit ihren jeweiligen Stars.
Die Schneegruppe in Aktion (via Sankei)
Die Stuecke, die gespielt werden, scheinen meist aus der westlichen (Pop-)kultur zu stammen, letztens gab es z.B. „Oceans eleven“.
Wir haben uns die Show „Kanon – Our Melody“ angesehen, deren erste Haelfte auf Tolstoys „Auferstehung“ basierte. Die zweite Haelfte war eine Art Tanzrevue und ich fand sie nicht besonders interessant.
Und hier ist der Beweis, dass ich wirklich da war. 😉
Nach der Show haben wir dann noch viele viele Fans draussen vor dem Gebaeude gesehen. Diese Fans waren in Clubs organisiert und waren an der Farbe ihrer Schals zu erkennen. Interessant fand ich, dass die Gruppen, die naeher am Strassenrand waren und damit einen besseren Blick hatten, sich in regelmaessigen Abstaenden hinsetzten, damit die Fans weiter hinten einen guten Blick haben konnten. Das taten sie uebrigens auch als noch lange keine Stars zu sehen waren. 😉
Ausharren in der Kaelte.
Wie Huehner auf der Stange 😉 Man beachte die Schals.
Und so sieht Takarazuka live aus:
Die offizielle Webseite http://kageki.hankyu.co.jp/ hat uebrigens auch eine englische Version, falls jemand Lust bekommen hat, sich das einmal selbst anzusehen. Die Show selbst ist allerdings zu 95% Japanisch und die englischen Lieder sind wegen der schlechten Aussprache nur sehr schwer zu verstehen. Mit 35 bis 110 Euro ist der ganze Spass uebrigens auch nicht gerade billig. Da viele Shows ausverkauft sind, solltet ihr ausserdem fruehzeitig daran denken, Tickets zu kaufen.
Über Medien, Teil 6: Medien und Demokratie
Der vorletzte Teil meiner kleinen Serie zum Thema Medien hat die Wirkung der Medien auf den demokratischen Prozess in Japan als Thema. Dazu werde ich kurz den Begriff der „Oeffentlichkeit“ umreissen und ihn dann in Verbindung mit den vorherigen Artikeln und der Rolle der Medien in Japan bringen.
Was ist „Oeffentlichkeit“?
Das sagt Wikipedia dazu (Hervorhebung von mir):
Der Begriff, ursprünglich nur im Sinne der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen o.ä. gebraucht, wurde in der deutschen Sprache ab dem späten 17. Jahrhundert für eine erst literatur- sowie kunstkritische, dann ab Mitte des 18. Jahrhunderts durch dieAufklärung zunehmend politisch-sozial werdende Öffentlichkeit gebräuchlich, die v.a. in den Theatern, Salons und Kaffeehäusern o.ä. der europäischen Städte entstand, in denen sich das Bildungsbürgertum traf, als eine die staatliche Autorität legitimierende und kritisierende Sphäre („bürgerliche Öffentlichkeit“). Man unterschied ab dem 17. Jh. zwischen „vermachteter“, d.h. staatlich-verwaltungstechnischer Öffentlichkeit und eben jener, der nicht-staatlichen, Öffentlichkeit, die später (im 20. Jh.) unter dem Begriff der Zivilgesellschaft als eine „nicht-vermachtete“ (Gegen-) Öffentlichkeit (Jürgen Habermas) bezeichnet wurde.
Habermas (via Wikipedia, Hervorhebung von mir):
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts sieht Habermas (ähnlich wie Ferdinand Tönnies) den öffentlichen Diskurs zunehmend gefährdet. Ihm zufolge gerät die Publizität durch verschärften kapitalistischen Konkurrenzdruck in den Sog von partikularen Interessen. Mit Entstehung der Massenpresse und den ihr eigenen technischen und kommerziellen Gegebenheiten erfolgt eine „Refeudalisierung der Öffentlichkeit“: Die Kommunikation wird wieder eingeschränkt und dem Einfluss einzelner Großinvestoren unterworfen. Der ebenfalls im 20. Jh. starke Einfluss von Staaten, zumal von kriegführenden und totalitären, auf die Öffentliche Meinung, tritt bei Habermas dem kapitalistischen gegenüber ganz zurück.
Die entscheidenden Ideen fasse ich noch einmal kurz zusammen:
– Die Oeffentlichkeit als historischer Begriff bezeichnet einen Raum des oeffentlichen Diskurses, der den Staat gleichzeitig legitimisiert und kritisiert.
– Der oeffentliche Diskurs ist durch das System Kapitalismus bestaendig gefaehrdet, da der Kapitalismus inhaerent zum Monopol strebt und der Einfluss einiger weniger auf den oeffentlichen Diskurs ueberproportional gross ist. Das gilt fuer die Produktion von Informationen als auch Kultur.
Und was bedeutet das?
Angewandt auf das Beispiel Japan nehme ich zuerst einmal Bezug auf meinen Artikel ueber Japans Kulturindustrie. Darin habe ich hoffentlich erfolgreich dargelegt, wie kommerzialisiert und industrialisiert die Produktion von Kultur in Japan ist. Die Aufmerksamkeit, die AKB48 seit kurzem und Johnnies schon seit langem bekommt, basiert letzten Endes auf der professionellen Produktion und Distribution von Kultur. Das Gleiche Prinzip gilt auch fuer das Unterhaltungsfernsehen.
Die Produktionsmittel liegen sowohl beim Inhalt als auch bei der Distribution ausschliesslich in den Haenden von wohlhabenden Investoren. Ueberspitzt koennte man Marx beruehmten Ausspruch „Opium des Volkes“ auch hier anwenden. Einige wenige Kapitalisten produzieren billige (= nur geringfuegige Variationen) und sinnleere Unterhaltung fuer die Massen. Heutzutage ist es eben nicht mehr die Religion sondern Popmusik, Unterhaltungsshows und Nachrichten.
Mit anderen Worten:
– Einige wenige private Investoren (grosse Zeitungen, Fernsehsender, Nachrichtenagenturen, Verlage) dominieren nicht nur den Medienmarkt, sondern eben auch den oeffentlichen Diskurs mit der massenweisen und industriellen Produktion von Kultur (und damit sind ausdruecklich auch Nachrichten/Informationen gemeint).
– Weiterhin kann man den Begriff der Oeffentlichkeit auch noch mit dem Konzept des Watchdog/Lapdog aus meinem Artikel zur Rolle der Medien in Verbindung bringen: Wenn die Medien sich selbst eher als Lapdog oder euphemistisch „staatstragend“ sehen, gibt es fuer sie keinen Anreiz das System zu hinterfragen oder zu kritisieren, wohl aber einen grossen Anreiz das System zu bewahren. Und die Medien in Japan sehen sich selbst eher als Wahrer des Status Quo und Teil des Systems denn als kritischer Wachhund zur Bewahrung der politischen Partizipation der Bevoelkerung
Medien und Demokratie
Habermas Befuerchtung, dass der Kapitalismus – ueber die Konzentration der Produktionsmittel von Informationen – die Sphaere des oeffentlichen Diksurses einschraenkt, ist meiner Meinung nach in Japan leider absolut korrekt. Die Einschraenkung des oeffentlichen Diskurses erklaert meiner Meinung auch zumindest zum Teil die politische Einstellung vieler Japaner, die letzten Endes auf Resignation („ich kann doch sowieso nichts aendern“) hinauslaeuft.
Demokratie basiert auf der Partizipation der breiten Masse am oeffentlichen Diskurs. Freie Wahlen als Form des oeffentlichen Diskurses gibt es und deshalb kann man Japan nicht ganz den Status als Demokratie absprechen, aber die Existenz einer Sphaere des oeffentlichen Diskurses sehe ich in Japan nicht als gegeben. Wie sagte doch einst ein Journalismusprofessor in Japan zu mir: „Japan ist nur eine halbe Demokratie.“.
Und dann kam das Internet …
Das Internet als dezentrales Medium aendert das Model der Informationsverteilung in der Gesellschaft von „einer / wenige-zu-vielen“ zu „viele-zu-vielen“. Dank des Internets kann ich auch ohne teure Druckerpresse und Verlagshaus diesen Blog schreiben und potenziell Millionen Menschen erreichen.
One-to-one /Many-to-many model of communication
Das Medium selbst ist damit inhaerent demokratisch und foerderlich fuer den Rueckgewinn des offentlichen Diskurses fuer eine breite Oeffentlichkeit. Es gibt natuerlich Interessen, die dem zuwider laufen, wie aktuell SOPA/PIPA und ACTA zeigen. Viele traditionelle Medien in Deutschland haben auf das neue Medium reagiert und bieten mehr Partizipation auf ihren Online-Platformen (z.B. Foren, Kommentar-Funktionen) an. In Japan haben fast alle grossen japanischsprachigen Zeitungen (bis auf Sankei) online nur gekuerzte Artikel und keinerlei Kommentarfunktion. (Damit komment sie natuerlich nur aufgrund der Sprachbarriere durch.)
Wort des Tages: メディア理論 – media riron – Medientheorie
Wohnungssuche und linguistische Spitzfindigkeiten
Gestern waren wir auf Wohnungssuche in Tokyo. Und das ist eine anstrengende Angelegenheit. Man geht dabei normalerweise zuerst zu einem Immobilienbuero und sagt den Menschen dort, was man sucht und dann sucht man sich ein paar interessante Wohnungen aus deren Angeboten aus und faehrt zur Besichtigung vor Ort. Wir haben gestern nachmittag/abend zwei Immobilienmakler und vier Wohnungen geschafft. Und die haben uns alle nicht gefallen, was heisst Montag morgen werden wir uns wieder auf die Jagd begeben muessen.
Die vier Wohnungen haben uns nicht gefallen, weil:
– zwei Wohnungen waren mir zu laut (Autolaerm)
– eine Wohnung war ziemlich dunkel und direkt neben ein paar Fabriken
Die letzte Wohnung verdient einen eigenen Absatz. Die Maklerin sagte uns von Anfang an, dass die Wohnung neben einer „Hoteru (Hotel) -gai“ liegt. Mit „blablabla-gai“ bezeichnet man in Japan normalerweise ein Viertel in dem es viele Laeden desselben Typs gibt, z.B. „Restaurant-gai“. Als blauaeugiger Auslaender dachte ich mir nichts dabei und so fuhren wir zu dieser Wohnung, wo es mir dann wie Schuppen von den Augen fiel: „Hoteru- gai“ war Code* fuer „LOVE-Hotel-gai“. (Ja, ein LOVE-Hotel ist genau das, woran ihr gerade denkt!) Unsere Wohnung waere damit GENAU NEBEN einem solchen gelegen. Nun sehe ich mich selbst nicht gerade als pruede an, aber direkt neben einem Love-Hotel wohnen fuer viel Geld, das muss auch nicht sein.
*Kleiner linguistischer Exkurs: Mit Code bezeichnet man ein in der Sprachwissenschaft ein Wort, das von (fast) allen Menschen einer Gesellschaft verstanden wird, ohne dieses direkt selbst zu benennen (z.B. wenn man nicht „Schwarzer“ sondern „Farbiger Mensch“ sagt und damit „Schwarzer“ meint ). Ein Euphemismus ist aehnlich, wird aber benutzt, um etwas zu beschoenigen (z.B. „von uns gehen“ und nicht „sterben“).
Wort des Tages: 賃貸 – chintai – Miete
P.S. Ich weiss, ich habe letzte Woche nicht viel geschrieben, aber ich war auch sehr beschaeftigt. Ich versuche heute abend ein paar Artikel zu schreiben, damit es naechste Woche nicht genauso aussieht. 🙂
Ueber Loris
Wer sich schon immer mal gefragt hat, warum mein alter Nickname Lori lautet …
Am Wochenende gibt es mehr ueber Japan, versprochen 😉
In eigener Sache
Mal eine kleine Frage an Leser, die in Japan wohnen:
Jemand Interesse drei Deutschschueler von mir ungefaehr zum 1.April in Tokyo (Bahnhof Tokyo) zu uebernehmen? Sind allesamt Musikstudenten und Verguetung ist 90 Minuten = 5000 Yen. Fuenf Mal pro Woche also 25000 Yen/Woche. Ich benutze mit allen Studenten „Themen 1“.
Bei Interesse schreibt einfach einen Kommentar, der euer Interesse bekundet, und ich schreibe euch dann eine Mail.