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Herr Hirata und die japanische Polizei

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Ich habe an anderer Stelle mal die Polizei in Japan gelobt, da unser Blockwart  Polizist um die Ecke uns vorbildlich vor einem Exhibitionisten in unserer Nachbarschaft gewarnt hat. Ich denke immer noch, dass die japanische Polizei praktisch ist, wenn man z.B. irgendwohin moechte und den Weg nicht kennt. Was allerdings die Kriminalitaetsbekaempfung angeht, hmm, da habe ich so meine Zweifel.

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Wie immer sehen Japaner einfach besser aus in Uniform.

Fallbeispiel 1 ist dieses beruehmte Youtube Video:

Ein nackter, besoffener Mann vor dem Kaiserpalast. Ja, ist schon ganz schoen gefaehrlich! Mal im Ernst: Wie kann die Polizei da so aengstlich und zimperlich sein? Waschlappen.

Fallbeispiel 2 ist der Fall von Herrn Hirata, der sich am 31.12.2011 der Polizei gestellt hat. Herr Hirata ist/war Mitglied der Aum Shinrikyou oder auch Aum Sekte in Deutschland. Der Mann wird seit mittlerweile 17 Jahren fuer Entfuehrung, Freiheitsberaubung und Beihilfe zum Mord gesucht. Er soll als Fahrer geholfen haben, einen Notar zu entfuehren und umzubringen. (Dessen Schwester wollte die Sekte verlassen.)  Es ist auch moeglich, dass er mit dem Giftgasanschlag in der Tokyoter U-Bahn von 1995 zu tun hatte. Dieser Herr Hirata also steht seit 17 Jahren auf den Fahndungsplakaten der Polizei im ganzen Land, so auch in meiner kleinen Station. Am 31.12.2011 dann versuchte er sich zu stellen und was dann folgte ist eigentlich unglaublich: Die Aum-Hotline, die er anrief, war besetzt und so rief er 110 (der offizielle Notruf in Japan) an. Man schickte ihn dann zu Tokyos Polizeizentrale, wo man ihm nicht glauben wollte und von einem schlechten Scherz ausging.  Er wurde schliesslich zur Marunouchi Polizeistation geschickt, wo er dann endlich festgenommen wurde. Noch einmal zur Erinnerung: Herr Hirata ist einer der meistgesuchten Verbrecher Japans und in JEDER Polizeistation haengt ein Bild von ihm. (Die ganze Geschichte gibt es auch ausfuehrlich bei der Japan Times.)

Auch interessant ist, dass Herr Hirata die 17 Jahre in Japan (!) verbracht hat und zwar zusammen mit einer Angehoerigen der Aum-Sekte. Weiterhin gibt Herr Hirata an, aufgrund der Ereignisse des letzten Jahres (Erdbeben, GAU) einen Wandel des Herzens gehabt und sich deshalb gestellt zu haben. Und er glaube sowieso nicht mehr an die Sekte und den Herrn Asahara (ehem. Guru von Aum) mag er auch nicht mehr. So, so. Nach 17 Jahren, hm? Ein Polizeiangehoeriger dazu: „Alles Luege, dem geht es nur darum, den Vollzug der Todesstrafe fuer Asahara herauszuzoegern.“ Ich bin geneigt ihm zu glauben.

Aber Herr Hirata ist nicht der einzige Verbrecher in Japan, der seit Jahrzehnten gesucht wird. Dazu dann mal ein paar Bilder von meiner oertlichen Polizeistation:

Die beiden Bilder ganz rechts sind Angehoerige der japanischen rote Armee Fraktion. (1971 – 2001)

In der Mitte war Herr Hirata abgebildet. Die beiden anderen Aum-Mitglieder sind noch immer auf freiem Fuß.

Das ist Herr Koike, der Brandstiftung und des zweifachen Mordes angeklagt. Herr Koike wird seit 11 Jahren per Steckbrief gesucht. Toll ist auch die Drohung auf dem Plakat: „Bald ist es soweit Koike!“ Ja, da haette ich auch Angst nach 11 Jahren …

Das ist Herr Kirishima. Er wird (als einer von mehreren Taetern) seit 1975 fuer mehrere Bombenattentate gesucht. Damals war er 21 Jahre alt. Und jetzt 58? Da koennte es dann wirklich schwierig sein ihn zu erkennen …

Aber kehren wir zum Thema Polizei in Japan zurueck. Mein Eindruck ist: Die Polizei ist dein „Freund und Helfer“ in allen Lebenslagen, aber als Verbrecherjaeger taugt sie nur sehr bedingt. Wenn man dann an die geringe Kriminalitaetsrate in Japan denkt, muss die Frage wohl lauten, ob Japan nicht wegen, sondern trotz seiner Polizei so sicher ist. Meine Frau meinte zu dem Thema letztens, die Polizei sei einfach nicht an echte Verbrechen gewoehnt und deshalb im Fall der Faelle ueberfordert.

Wort des Tages: 平和ボケ – heiwaboke – Frieden + Idiot (Damit meinen Japaner ihre eigene Unfaehigkeit mit den Unbillen (z.B. boese Taschendiebe im noch boeseren Ausland) dieser Welt fertig zu werden.)

Written by hanayagi

Februar 16, 2012 um 7:33 am

5 Antworten

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  1. köstlich! den gleichen eindruck hatte ich auch. womit niemand die normale arbeit der poliziei in japan verniedlichen sollte – hab schöne erinnerungen an auseinandersetzungen zwischen polizei und sturzbesoffenen japanern in shimokitazawa. „deeskalierung“ heißt das zauberwort der deutschen polizei. das ist das eigentliche ziel der japanischen polizeiarbeit. aber: hast du schon mal die sondereinsatzgruppen der tokyoter polizei in aktion erlebt? die sind besser als alles, was ich kenne. btw: das „nicht auffinden“ eines schwerverbrecher ist auch ein teil der polizeiarbeit. der wahnsinn hat methode…

    stift

    Februar 16, 2012 at 10:07 am

  2. […] die «Japan Times» und das Weblog «japanbeobachtungen», das folgendes Fazit zieht: «Mein Eindruck ist: Die Polizei ist dein ‹Freund und Helfer› in […]

  3. Genialer Beitrag!
    Dass ich darueber nicht berichtet hab.. Aergerlich! Haha.

    Ich denke auch, dass die Polizei einfach keine harten und kniffligen Faelle gewoehnt ist.
    Oder sind sie nur zu faul?

    Das Plakat mit: おい小池!そろそろだ!Ich hab Traenen gelacht!!

    anjifrosch

    Februar 22, 2012 at 12:34 am

  4. Japaner sehen bestimmt deswegen besser in Uniformen aus, weil sie mehr auf ihre Haltung achten. Siehe die Fotos oben: links krummer Rücken und so … und rechts: stramm gestanden (^_^)

    Aiko

    Februar 22, 2012 at 11:35 am

  5. ….könnte vielleicht auch daran liegen,dass sie meistens schlanker sind. ^^

    Nipponfreak

    März 8, 2013 at 8:23 pm


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